Bern hat Regenbogen geflaggt – Viele finden den Anblick fragwürdig

Das Fahnenmeer einer politischen Bewegung erinnert an eine düstere Zeit

von Alexander Wallasch (Kommentare: 7)

„Der Countdown läuft und in wenigen Wochen laufen wir alle gemeinsam durch die Berner Gassen und feiern die Vielfalt unserer Community.“© Quelle: Twitter / Stadt Bern

Auch die Stadt Bern – etwa mit dem Hinweis, keine deutsche Stadt zu sein – hat keine Ausrede für dieses an nationalsozialistische Aufzüge erinnernde Fahnenmeer. Die Art der Beflaggung nach Gestaltung des tausendjährigen Reichskarnevals hat in Europa nichts mehr verloren.

Wie kam es zu dieser a-historischen Geschmacklosigkeit, die Fahnen einer politischen Bewegung zum penetranten Blickfang der Innenstadt von Bern zu machen?

Der Journalist Peter Wäch schreibt dazu per Twitter:

„Bern ist dicht beflaggt, dutzende Fahnen, von der Nydegg bis hinauf zum Bahnhof. Ich zähle mich zu jenen schwulen Männern, die das in diesem Ausmass sehr befremdlich finden.“

Was ist der Hintergrund aus Sicht der Stadt Bern und ihres Stadtmarketings? Ebenfalls via Twitter heißt es dazu zunächst:

„Bern macht sich bunt für die #EuroGames 2023 und wünscht allen Athlet*innen faire Spiele und viel Erfolg. Alle Infos zum Event: http://eurogames2023.ch“

Diese EuroGames sind eine mehrtägige schwul-lesbische Sportveranstaltung, die seit Anfang der 1990er Jahre stattfindet. Austragungsort 2023 ist Bern. Auf der offiziellen Seite heißt es dazu:

„Die EuroGames sind ein Multisport-Anlass im Zeichen der Vielfalt und der Inklusion. Zusammen in einem professionellen und geschützten Rahmen Sport treiben – das ist unser Ziel. Die EuroGames sind in erster Linie auf LGBTIQ-Athlet*innen ausgerichtet (lesbisch, schwul, bi, trans, inter, queer), stehen jedoch allen Interessierten offen, ungeachtet von sexueller Orientierung, Geschlechtsidentität, Alter und Leistungsklasse.“

Am 29. Juli, zum Abschluss der Spiele, gibt es in Bern noch eine Art Miniversion des Christopher Street Days. Dazu heißt es auf der Webseite zum Ereignis:

„Der Countdown läuft und in wenigen Wochen laufen wir alle gemeinsam durch die Berner Gassen und feiern die Vielfalt unserer Community. Nach sechs Jahren ohne Prides in Bern holen wir wieder unsere Regenbogen-Flaggen raus und demonstrieren Hand in Hand für Gleichstellung.“

Selbstverständlich kann man an der Stelle attestieren, dass Schwule und Transsexuelle Opfer nationalsozialistischer Verfolgung geworden sind:

„Während der Herrschaft der Nationalsozialisten in Deutschland zwischen 1933 und 1945 fand die stärkste Verfolgung von Homosexuellen in der deutschen Geschichte statt. Über 50.000 Männer verurteilte die NS-Justiz. 10.000 bis 15.000 schwule Männer kamen in Konzentrationslager (KZ). Tausende von ihnen überlebten die Gefangenschaft nicht.“

Aber nicht trotz, sondern gerade wegen dieser schrecklichen Verfolgung sind die Bilder aus Bern so besonders verstörend. Und dass sie verstörend sind, ist immerhin ein Beleg dafür, dass Geschichte präsent ist und nichts vergessen wird.

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